Für ein Jahr von Monschau nach Brasilien und Taiwan

07. August 2012

Sprachaufenthalte für sechs bis zwölf Monate haben in den vergangenen Jahren viele Jugendliche aus unserer Region in England, den USA oder in Australien verbracht. Der Jugendaustausch der Rotary-Distrikte aber kennt noch einige Ziele mehr. Mehr als 650 Schüler aus Deutschland verbringen jährlich ein Austauschjahr in einem von etwa 40 Gastländern.

«Sie erhalten damit die Möglichkeit, ein neues Land, seine Bevölkerung und Lebensgewohnheiten, seine Kultur kennenzulernen, und andererseits als Botschafter im Gastland über ihre Heimat zu berichten. Zurück kommen sie mit umfangreichen Eindrücken über ihr Gastland und einem tieferen Selbstverständnis», beschreibt die internationale gemeinnützige Organisation mit 1,2 Millionen Mitgliedern in 166 Ländern selbst das Programm.

Der Rotary Youth Exchange nimmt dabei das Wort Austausch buchstäblich. «Jede Familie, deren Sohn oder Tochter am Austausch teilnimmt, nimmt im Gegenzug einen Jugendlichen aus einem anderen Land auf», berichtet Patricia und Tanja ergänzt: «Die Eltern sollen dann den Austauschschüler so behandeln als wäre es ihr eigenes Kind.»

Und so werden die thailändische Schülerin Bloy und die junge Caren aus Ecuador in der Eifel leben, während die beiden 15-jährigen St. Michael-Schülerinnen Asien und Südamerika erobern.

Ihre Familien für die nächsten gut zehn Monate haben die Gymnasiastinnen schon kennengelernt - dank moderner Medien und Möglichkeiten wie Skype, Mail und Facebook. «Wir kommen nicht in ärmliche Verhältnisse», weiß Tanja, dass die Rotarier grundsätzlich Wert auf gewisse Standards legen.

Die Schülerin aus Strauch wird ihre Zeit in der Großstadt Guarapuava (165 000 Einwohner) im südlichen brasilianischen Bundesstaat Paraná verbringen. Ihre erste Familie kennt sie bereits - ein- bis dreimal wird sie in den zehn Monaten die Gastfamilie wechseln. Seit Februar lernt die Schülerin Portugiesisch, denn ihre Familie, deren Tochter für ein Jahr nach Mexico geht, spricht kein Wort Deutsch.

Während man als junger Europäer Sprachen wie Spanisch oder Portugiesisch rasch lernt, taucht Patricia Lambertz auch sprachlich in eine völlig neue Welt ein. Seit Februar lehrt eine chinesische Lehrerin sie zweimal wöchentlich die wohl schwierigste Sprache der Welt, und inzwischen beherrscht Patricia die wichtigsten Redewendungen. Das wird auch nötig sein, denn auch ihre Gastfamilie ist angehalten, ausschließlich Chinesisch mit dem Gast aus Deutschland zu sprechen.

Deshalb wird sich für die Schülerin den täglichen Unterricht in der Schule auch noch eine Chinesisch-AG gemeinsam mit anderen Gastschülern anschließen. Die 15-Jährige aus dem 2000-Seelen-Ort Imgenbroich wird mitten in der pulsierenden Zweieinhalb-Millionen-Stadt Taipeh leben und zur Schule gehen, aber «genau so hatte ich mir das gewünscht», erzählt sie.

Etwas anders als Tanja fürchtet die Imgenbroicherin sich nicht vor Heimweh und wird auch keinen Besuch aus Deutschland bekommen: «Das ist mein Jahr, und da möchte ich nicht den Reiseführer für meine Familie oder Freunde spielen, sondern mich ganz auf mich selbst konzentrieren», sagt Patricia selbstbewusst und untermauert damit einen der Grundsätze des Rotary-Austauschs. Diese schränken nämlich neben den Distriktregeln - «No Drinks, no Dates, no Drugs, no Drive» (frei übersetzt: kein Alkohol, keine zu engen Beziehungen, keine Drogen und keine Reisen auf eigene Faust) - auch den Kontakt mit der Heimat auf das Nötigste ein. «Klar wird man über Facebook und Skype Kontakt nach Deutschland haben, aber das soll eben nicht täglich sein», sagt auch Tanja.

Zu den Pflichten und Aufgaben der Rotary-Austauschschülerinnen wird aber in beiden Ländern die Botschafter-Funktion gehören. «Wir müssen monatliche Berichte zum Club schicken und vor Ort viel aus unserem Land berichten», weiß Patricia und hat auch keine Angst davor, in den nächsten Monaten wöchentlich eine Rede vor ihrer Klasse oder gar der ganzen Schule halten zu müssen - wohlgemerkt in Chinesisch... «Und wenn wir in einem Jahr zurück sind, müssen wir auch hier dem Rotary-Club und anderen Schülern berichten», ergänzt Tanja.

Denn so sind auch die beiden Schülerinnen überhaupt erst auf die Idee eines Sprachjahres gekommen - durch einen Vortrag in ihrer Schule, in dessen Folge sie sich dann für das Auslandsjahr bewarben und den Zuschlag unter einem halben Dutzend Bewerbern am MGM erhielten. Wer daran Interesse hat, sollte sich an den Rotary-Club Monschau-Nordeifel wenden, Kontaktdaten findet man im Internet.

Für Tanja heute und Patricia in zehn Tagen geht es nun auf große Reise, übrigens mit - für Frauen völlig untypisch - kleinem Gepäck. «Wir nehmen nur das Nötigste mit und werden uns beispielsweise vor Ort einkleiden», verrät Patricia.

Das schafft im Koffer Platz für die obligatorischen Gastgeschenke: Monschauer Senf, Spargel und ein deutsches Kochbuch, wie Patricia verrät, «Haribo und kleine Kühlschrankmagnete», lautet Tanjas überraschende Antwort, die im übrigen in den brasilianischen Winter fliegt - was bei aktuell 22 bis 24 Grad dort aber zumindest temperaturmäßig keine Verschlechterung gegenüber dem deutschen Sommer bedeutet. In diesen werden beide im Juni 2013 heimkehren und dann um viele Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen reicher sein.

(Eifeler Zeitung, 06.08.2012)




St.-Michael-Gymnasium Monschau

Sekretariat
Walter-Scheibler-Str. 51
52156 Monschau

Tel.: 02472 80010-0
Fax: 02472 80010-30

 

Copyright © 2024 St.-Michael-Gymnasium Monschau | Impressum | Sitemap | Druckversion nach oben